VorOrt
Nr.10, Mai 2000 Zeitung für das andere Vaihingen
Empörend undemokratisch: Häussler-Pläne sollen nun ohne
Bürgerbeteiligung durch den Gemeinderat Zusammen mit dem Investor werde er nun auf der Grundlage des Häussler-Entwurfs die Vorgaben für den Realisierungswettbewerb zur Bebauung des Brauerei-Geländes festlegen und dann den Gemeinderat und die Öffentlichkeit darüber informieren. So jüngst der Oberbürgermeister entgegen seiner bisherigen Zusagen einer umfassenden Bürgerbeteiligung noch vor dem Architektenwettbwerb. Undemokratisch und einen Rückfall in das Planungsverhalten von Gutsherren aus dem vorletzten Jahrhundert nannte der Initiativkreis Schwabenbräuareal diese Vorgehensweise und erinnerte das Stadtoberhaupt an seine eigenen Worte von Bürgerbeteiligung und demokratischem Planungsprozess und bat um baldige Klarstellung, was denn nun gelte. Der Oberbürgermeister antwortete nicht. Dafür wurde aber der selbsternannte Hofschreiber Häusslers, W.H. Stengel, nicht müde, im Vaihinger Schaufenster die ISA-Befürchtungen und Vorwürfe als haltlos zu bezeichnen. Sowohl Häussler als auch Schuster hätten ihm versichert, daß die Vaihinger frühzeitig und umfassend beteiligt würden. Der jetzt bekannt gewordene Ablaufplan, wie auch die nur gerüchteweise bekannten Entwürfe Häusslers bestätigen nun allerdings die schlimmsten Befürchtungen des ISA. Im Hauruck-Verfahren sollen die monatelang geheimgehaltenen Bauvorstellungen vom Gemeinderat abgesegnet werden, so daß für eine öffentliche Diskussion oder gar Einflußnahme schon gar keine Zeit bleibt. Am 9.5. werden erstmals die Gemeinderäte informiert, am 13.5. die Planungswerkstatt, am 16. der Bezirksbeirat und bereits am 23. soll der Gemeinderat mit der Wettbewerbsausschreibung das ganze absegnen. Und überall ist nur von Information, nie aber von Diskussion und Beteiligung die Rede. Wo nach 9-monatiger Entwurfsplanung im stillen Kämmerlein des Hauses Häussler die Öffentlichkeit und auch die Politik gerade mal 10 Werktage Zeit zur Bewertung und Stellungnahme erhalten, besteht der berechtigte Verdacht, daß die Bauentwürfe nichts Gutes für Vaihingen erwarten lassen. Das ganze ist in der Tat Planungskultur übelster Art. Beim ISA hofft man nun, daß Bezirksbeiräte und Stadträte sich nicht auf ein solches Schnellverfahren einlassen werden. Doch auch im anderen Fall ist man bei der Bürgerinitiative auf eine kurzfristige Bewertung der Pläne vorbereitet: Aus den über 2 Jahre gesammelten Anregungen und Wünschen der Vaihinger Bürger, sowie den Ergebnissen der Planungswerkstatt im Jahre 98, an der alle Vaihinger Interessengruppen beteiligt waren, hat der ISA einen Bewertungskatalog entwickelt, anhand dessen schnell beurteilt werden kann, ob die Häussler-Pläne den Anforderungen der Vaihinger genügen oder nicht: -Ausgewogene MischungEinkaufen, Kultur, Wohnen und Gastronomie. Nach dem Willen der Planungswerkstatt sollen dabei die Gewerbeflächen (ohne Gastronomie) 12 000 m² nicht überschreiten. - Bürgerfreundlich gestaltete öffentliche Plätze und Grünflächen für Spiel und Erholung . -Die bestehenden Vaihinger Geschäfte müssen in die neuen Kaufwege einbezogen sein, dasGelände muß zu seiner Umgebung offen und durchlässig sein. Die Planungen müssen eine Verkehrsberuhigung des Ortskerns vorsehen, verkehrsreduzierendes übergreifendes Konzept für Zufahrten und Parkplätze. Maximal 500-600 Parkplätze (Planungswerkstatt). Bürgersaal mit mindestens 500 Plätzen und mindestens 8 Vereinsräumen. Die Gesamtgeschoßfläche darf maximal 30 000 m² betragen (Planungswerkstatt und Stadtverwaltung) Der vollständige Kriterien - Katalog kann auf den Internet-Seiten von VorOrt unter „Vaihingen aktuell" abgerufen werden.
So nicht ! „Ein lebenswertes Viertel, das lebendigste in der Stadt" wolle er schaffen und an dessen Planung die Bürger beteiligen, so Rudi Häussler nach dem Kauf des Brauerei-Geländes im Juli vergangenen Jahres. „Wir treten völlig offen an und freuen uns über Anregungen", war die öffentliche Botschaft des Großinvestors.Anschließend lehnte er ein dreiviertel Jahr lang jedes Gespräch mit den Vaihingern ab und wollte erst mal die Entwürfe seines Planungsstabes abwarten.Jetzt liegen die Pläne vor. Doch veröffentlicht werden sie erst kurz vor der Entscheidung im Gemeinderat.Eine Beteiligung der Vaihinger Bürger ist nicht mehr vorgesehen.Die Reden von der erwünschten Bürgerbeteiligung waren wohl nur leere Worte, um die Vaihinger ruhig zu halten. Wie hohl die Worte vom „lebenswerten, lebendigen Viertel" waren, wird sich bald zeigen. Uns bleibt dann nur ein Ja oder Nein. Wohl eher nein ! Musik aus dem Stadtbezirk Mit seiner eben erschienenen vierten CD beweist Hermann Selje, besser bekannt als „Hardy", erneut: er hat den Blues nicht gelernt, er trägt ihn in sich und lebt ihn durch seine Gitarre, seine Mundharmonika und seine Stimme. Wer ihn einmal in Vaihingen oder sonst wo auf einer Party oder einem Club live gehört hat, der weiß seither: Blues und schwäbisch, das paßt. Seit seinem 15. Lebensjahr macht Hermann Selje Musik und lebt für sie. Auch auf seiner neuen CD finden sich wieder meist selbstgeschriebene Songs, und wo Jimi Hendrix oder John Lee Hooker-Stücke die Melodie machen, da textet Hardy so, daß man die schwäbische Version für die ursprüngliche hält. Wer auf Blues und Mundart-Texte steht, der wird die neue CD von Hermann Selje haben wollen. Sie kann beim VorOrt-Verlag bestellt werden. Weltweite Marktwirtschaft Nach jüngsten Mitteilungen der Welthungerhilfe leiden weltweit 840 Millionen Menschen unter akutem Hunger. Besonders betroffen von fehlenden Lebensmitteln sind die Kinder dieser Welt. Jedes dritte Kind ist demnach unterernährt. Und das, obwohl genügend Nahrungsmittel produziert werden. Nach den Angaben der deutschen Sektion der Welthungerhilfe leben 1,2 Milliarden Menschen unter der „absoluten Armutsgrenze", d.h. sie verfügen über nicht mehr als 1 Dollar pro Tag zum Überleben. Dabei gebe es heute rein rechnerisch genügend Nahrungsmittel „um alle Menschen der Erde satt zu machen", so Ingeborg Schäuble, die Vorsitzende der deutschen Sektion der internationalen Organisation. Als wesentliche Ursache für die Armut in vielen Teilen der Welt sieht die Hilfsorganisation die mangelnde Kooperationsbereitschaft der westlichen Welt, „die ihr sehr protektionistisches Verhalten" ändern müsse, um die Verdienstchancen der Produzenten in der Dritten Welt zu verbessern. Während es im einen Teil der Welt zum Problem wird, den auf Kosten des anderen Teils vorhandenen Produktionsüberschuß zu beseitigen und mit großem Werbeaufwand all die Nonsensprodukte zu verkaufen, verhungern diejenigen, die mit ihren natürlichen Resourcen und ihrer Arbeitskraft unsere Lebensmittel produzieren, weil sie selbst nicht bezahlen können, was sie mit ihren eigenen Händen produziert haben. Das ist die Realität hinter der Theorie des „besten aller Wirtschaftssysteme", der Marktwirtschaft, deren Grundlage, wie F.Engels vor über 100 Jahren schrieb, „die Ausbeutung einer Klasse durch eine andere ist" und in der „jeder Fortschritt der Produktion gleichzeitig ein Rückschritt in der Lage der unterdrückten Klasse, d.h. der großen Mehrzahl ist. Jede Wohltat für die einen ist notwendig ein Übel für die andern." Aber das ist natürlich „Ideologie", auch wenn sie die heutige Wirklichkeit der weltweiten Marktwirtschaft zutreffender beschreibt als all die hohlen und verschleiernden Festreden der Propheten der neuen Weltordnung.
Asozialer Einfall der CDU Einen ebenso skandalösen, wie dieser Partei angemessenen Einfall hatte die CDU-Gemeinderatsfraktion. Wie die Mieterzeitung in ihrer jüngsten Ausgabe berichtet, wollen die Gemeinderäte der Spendenpartei, die Millionen für die drei von ihnen beantragten Stadt- und Versammlungshallen, unter anderem der in Vaihingen, durch eine Herabsetzung des Kapitals der stadteigenen Wohnungsgesellschaft (SWSG) um 50 Mio. Mark finanzieren. „Einen unglaublichen und dreisten Angriff auf die Wohnungssituation der finanziell Schwächeren" nennt der Mieterverein diesen Einfall. Gleichzeitig nämlich hat die CDU-Landtagsmehrheit die Finanzmittel für die Modernisierung nicht mehr zeitgemäßer Wohnungen gestrichen. Die SWSG ist deshalb darauf angewiesen, die notwendigen Modernisierungsarbeiten aus der eigenen Kasse durchzuführen. „Wenn die Kasse der SWSG von der CDU leergeräumt wird, bedeutet dies das Aus für die Sanierung des stadteigenen Wohnungsbestandes", kritisiert so auch SPD-Stadtrat Giacomino Da Re die CDU-Pläne. „Wenn aber die Wohnquartiere nicht zu Ghettos verkommen sollen, so wird die Stadt in die Modernisierung ihres Wohnungsbestandes investieren müssen, statt ihre Wohnungsgesellschaft auszuplündern." Die leeren Kassen, so wird befürchtet, werde dann durch Mieterhöhungen wieder aufgefüllt. Die 19 000 Mieterhaushalte sollen dann allein die Finanzierung von Versammlungshallen übernehmen, die allen Bürgern zugute kommen. Offensichtlich ist der CDU-Gemeinderatsfraktion ihr Wahlerfolg von 1999 in den Kopf gestiegen. Wären die Wahlen drei Monate später gewesen, könnten die städtischen Mieter heute ruhiger schlafen, meint der Mieterverein.
Nichtveröffentlichter Leserbrief von Rolf Hinderer an das
Vaihinger Schaufenster zum Schwabenbräuareal In Ihrem Beitrag berichten Sie, niemanden gefunden zu haben,
der über die derzeitige Situation in Vaihingen und das
Planungsvorgehen verärgert ist.
Städtische Wohnungsgesellschaft SWSG Bei inzwischen nicht wenigen Wohnungsgesellschaften hat man die Zeichen der Zeit erkannt und behandelt seine Mieter als Kunden. Bei der städtischen SWSG scheint der Mieter immer noch eher als rechtloser Almosenempfänger angesehen zu werden. Der Umgang mit den Mietern im Zuge der an sich durchaus begrüßenswerten Modernisierung der jahrzehntelang von der Vermieterin vernachlässigten Sozialwohnungen in Dürrlewang läßt dem Beobachter mitunter schon die Haare zu Berge stehen. Ein Fall: Ende August 99 teilt die Mieterin P. der Wohnungsgesellschaft mit, daß sie sich für längere Zeit mit ihrer schwerkranken Mutter in ihre Heimat begebe und voraussichtlich erst im Januar wieder zurückkomme. Sie bezahlt auch gleich die Miete bis zu diesem Zeitpunkt im Voraus. Bezüglich der anstehenden Modernisierungsmaßnahmen, die der Zustimmung des Mieters bedürfen, läßt sie wissen, daß sie mit dem Einbau der Heizung während ihrer Abwesenheit einverstanden ist, Umbauarbeiten aber erst nach ihrer Rückkehr stattfinden könnten. Dies wird ihr zugesagt. Bei ihrer Rückkehr findet sie dann die Wohnung aufgebrochen im Zustand eines Rohbaus vor. Ihre gesamtes Inventar einschließlich Kleider unter einer dicken Gipsstaubschicht auf verschiedene Kellerräume des Wohnblocks verteilt. Während mehr als vier Wochen ist weder die Wohnung bewohnbar noch die persönliche Habe zugänglich. Kommentar der Vermieterin: Wir haben völlig rechtmäßig gehandelt.
Anzeigenkunden kündigen bei Vaihinger Schaufenster Aus Empörung über einen „die Grenze jeglichen journalistischen Anstand überschreitenden" Bericht im Wochenspiegel des Vaihinger Schaufenster will ein Vaihinger Naturkostladen dort keine Anzeigen mehr schalten. Die Vaihinger Ladenbetreiberinnen beziehen sich bei ihrer Kündigung auf einen Bericht des W.H.Stengel, der die Aktion seines Parteifreundes und Bürgermeisters Beck, Ausländer des Landes zu verweisen, die von Sozialhilfe abhängig wurden, geradezu genußvoll vorgeführt hatte. „Wir haben nichts dagegen, wenn in Ihrem Blatt auch Meinungen vertreten werden, die wir nicht teilen. Die Grenze jeden Anstands ist aber überschritten, wenn so platte, populistische Stimmungsmache gegen ohnehin unterpriviligierte Minderheiten betrieben wird." Noch unter Bild-Zeitungsniveau sei die Methode, einen Einzelfall zu nehmen, um damit ausländerfeindliche Stimmungen zu schüren und das Bild vom schmarotzenden Ausländer zu malen, argumentieren die Ladner/innen. Weitere Inserate in derartigen Publikationen schadeten dem Renomee des Betriebs.
VorOrt Eigentlich war der Antrag, für VorOrt aus dem Kulturetat des Bezirksbeirats einen Zuschuß zu bekommen nur aus Verärgerung über die reichliche Subventionierung der 900-Jahr-Festschrift mit ihrer überwiegenden Industriepräsentation entstanden. Er wurde dann auch ebenso zurecht abgelehnt wie dem anderen zu Unrecht stattgegeben worden war. Er hatte aber einen erfreulichen Nebeneffekt: Auf Antrag von FDP-Beirat Ruppmann erhielt VorOrt 250 Mark „für die Darstellung Vaihingens im Internet".
LBBW sponsert CDU-Veranstaltung Wenn es um die Werbung für das Milliardenloch Stuttgart 21 geht, ist der CDU auch nach ihren Spendenskandalen nichts peinlich, meint die Bürgerinitiative „Kein Stuttgart 21". Auf Anfrage von Gangolf Stocker, Sprecher der Initiative „Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21" bestätigte Werner Schmidt, Vorstandsvorsitzender der LBBW, daß eine kürzlich stattgefundene Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrates zum Thema „Die Zukunft der Bahn" von der LBBW gesponsert wurde. Für die LBBW war es laut Schmidt eine Selbstverständlichkeit, die Gäste der CDU-Vereinigung zu einem kleinen Imbiss einzuladen. Man habe auch keine Miete in Rechnung gestellt. „Wenn es um die Werbung für Stuttgart 21 geht", so stellen die Gegner des Projekts hierzu fest, „scheint es weder moralische noch finanzielle noch politische Skrupel zu geben." Daß die Staatsanwaltschaft Offenburg solche Engagements landeseigener bzw. kommunaler Unternehmen für Parteien erst kürzlich als unzulässig anklagte, scheint angesichts der seltsamen Interessengemeinschaft von CDU und SPD in Sachen Stuttgart 21 vernachlässigenswert zu sein. Ärgernis: Bus-Anschluß am S-Bahn-Halt Rohr Die Dürrlewanger kennen die Situation: Man kommt mit der S-Bahn aus der Innenstadt am Rohrer Bahnhof an, eilt die Treppe zum 81er Bus Richtung Dürrlewang hinab und kann ihn noch sehen - von hinten. Zwischen 12 und 30 Minuten darf man jetzt auf den nächsten warten oder muß zu Fuß gehen. Was für viele ältere aber nicht so ohne weiteres möglich ist. Doch alle Klagen und Eingaben bei SSB und VVS konnten diese bisher nicht zur Abhilfe bewegen. Dabei wäre das Problem einfach zu lösen. Es müßten noch nicht einmal die Fahrpläne geändert werden. Es würde reichen, die Fahrer anzuweisen, an der Haltestelle eben wirklich nur eine halbe Minute stehen zu bleiben, bzw. auf der Strecke von Vaihingen nach Rohr ein klein wenig langsamer zu fahren. Vielleicht können hier ja die Damen und Herren Bezirksbeiräte noch einmal auf die zugegebenermaßen hartnäckige SSB einwirken. Die Dürrlewanger würden es ihnen sicherlich danken.
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