VorOrt
Nr. 20, April 2002
(Auflage 12 500)

Zeitung für das andere Vaihingen




Senator h.c. Rudi Häussler
   

Der Mann, der Vaihingen den Rest gibt

Viele Freunde hat er nicht mehr in Vaihingen, der Herr Senator h.c. Und je mehr vor Eigenlob strotzend, selbstgefälliger und gönnerhafter er seine Vorhaben als Wohltat für den Stadtteil anzupreisen sucht, umso weniger werden es, die ihm noch glauben. Vielleicht ist es auch umgekehrt. Die oft zitierte Jahrhundertchance zur Gestaltung eines lebenswerten Ortskerns halten die meisten Vaihinger jedenfalls bereits schon heute für vertan.

Daß er hier nicht des Geldes wegen investiere, sondern nur um endlich ein lebenswertes Vaihingen zu schaffen, haben ihm wohl von Anfang an auch die nicht geglaubt, die seine Lobpreisungen seiner selbst bis heute nachsingen.
Daß inzwischen aber das gesamte Projekt von den meisten Vaihingern eher abgelehnt wird, liegt vor allem daran, daß ihre Anregungen und Wünsche von Häussler allesamt mißachtet wurden, wo immer er sie für Rendite mindernd hielt:
Statt aufgelockerter, durchgrünter Bebauung, stark verdichtete Betonklötze. Statt auch nur eines einzigen Wohnhauses, massive und hohe Bürokomplexe direkt gegenüber der bestehende Wohnbebauung.
Und entgegen aller Bitten der Vaihinger und guter Vorschläge der Architekten: Anstelle der Erhaltung wenigstens der Fassade des historischen, vaihingentypischen „Ochsen" ein kaltes Konsumportal wie es an jedem anderen Ort auch stehen könnte.

Den Bogen endgültig überspannt aber hat der selbsternannte „Gönner Vaihingens" wohl erst jetzt, als er statt der von ihm selbst noch versprochenen Aufteilung des Fruchtsaftgeländes in jeweils ein Drittel Gewerbe-, Wohnbebauung und Grüngürtel im Alleingang mit dem Oberbürgermeister einen Plan durchboxte, der auf über der Hälfte der Fläche ein abgeschlossenes Schulungszentrum der Fa. Daimler-Chrysler vorsieht.

Und inzwischen ist auch heraus, was VorOrt vor einem Jahr noch kaum jemand glauben wollte: Dieser Plan existierte bereits, als Häussler seine überdimensionierte Gewerbeansiedlung auf dem Nordgelände noch mit dem Verweis auf überwiegend vorgesehenen Wohnungsbau auf dem Südgelände zu beschönigen suchte. Genau deshalb mußte auch das in Vaihingen von niemand gewollte Hotel auf dem Nordgelände unbedingt sein und wurde vom Investor im Nachhinein noch einmal auf Kosten der Freiflächen und Wegeverbindungen weiter vergrößert.

Es ist kaum zu erwarten, daß eine Ortsmitte von der Bevölkerung angenommen wird, die so gegen ihren Willen durchgedrückt wurde.

Nur weil dies offensichtlich mit den Gemeinderäten aller Fraktionen zu machen ist, muß es noch lange nicht auch mit den im Stadtteil lebenden Menschen so gehen.

Vor diesem Hintergrund dürfte es dem Investor eher schwer fallen, Mieter für die angekündigten Einkaufszentren zu finden. Seine Antworten auf diesbezügliche Fragen fielen bisher auch immer auffällig vage aus, wie etwa, man habe bereits Mieter, könne sie aber nicht nennen. Warum eigentlich nicht? Es ist jedenfalls erstaunlich, daß jemand, der bereits alles vermietet hat, weit über eine viertel Million in alter Währung aufwendet, um sein Projekt mit Großanzeigen im Wirtschaftsteil der Stuttgarter Zeitungen anzupreisen? Möglicherweise ist ja das Bürgerhaus, das einzige Projekt, das mit der Stadt Stuttgart bereits einen sicheren Mieter hat.

 

 

Im Auftrag seines Herrn:
Häussler Mitarbeiter Dr. Schuster
beginnt mit dem Abriss der Brauerei

"Wir werden Vaihingen
schon schaffen"

 

 

 

 

 

 

 

Durch das Rad die Wahrheit gesprochen
Gerhard Wick

Was, Herr Senator, wollen Sie uns sagen, wenn Sie Ihr Projekt „Schwaben-Galerie" auf großen Plakaten und Anzeigen mit der Wiederherstellung des zerbrochenen Hinrichtungsrades aus dem Vaihinger Ortswappen vergleichen?
Dass Sie als Sohn Vaihingens die Bedeutung des Ortswappens kennen, spätestens seit Sie damit so selbstgefällig werben, dürfen wir wohl voraussetzen.
Wollen Sie uns also gleichsam durch das Rad sagen, dass mit der Verwirklichung ihres „Jahrhundertprojekts" die letzten alteingessenen Vaihinger Geschäfte ihrer Hinrichtung zugeführt werden, so wie im 4. Jahrhundert jene Katharina, Schutzpatronin des Spitals Esslingen, die zu diesem Zwecke auf das Rad gespannt wurde. Dass das Hinrichtungsinstrument damals zerbrach, wurde als ein Wunder betrachtet, an welches das Vaihinger Wappen erinnert.
Vielleicht meinen Sie das Ganze ja auch nicht ganz so direkt und wollen damit lediglich ausdrücken, dass es vorbei sein wird mit dem letzten Rest von Lebensqualität in Vaihingen, wenn Sie erst einmal Ihre Büromonster, Komsumtempel und Autohallen verkehrsumwogt in die Ortsmitte gepflanzt haben.
Vielleicht wird aber auch Ihr runderneuertes Rad wieder zerbrechen und die Hinrichtung erneut mißlingen.
Wunder gibt es schließlich immer wieder.

 

 

Oberbürgermeister ?
von Dieter Staiger

Bis vor kurzem glaubte ich den Sinn dieses Wortes richtig verstanden zu haben. Der Bürgermeister in einer Gemeinde sorgt für das Wohl der Gesamtheit oder zumindest der Mehrheit der Bürger. Schafft er das nicht mehr alleine, dann wird seine Arbeit auf mehrere "Fachbürgermeister" verteilt. Der Oberbürgermeister überwacht und koordiniert das Ganze. Soweit meine bisherige Interpretation des Begriffs.

Seit die Häussler-Gruppe ihre Vorstellung von ihrer Auto-Schulungswerkstatt in der Zeitung veröffentlicht hat, bin ich stark verunsichert. Am Folgetag wollte ich im Stadtplanungsamt die Pläne einsehen und habe zu meinem Befremden erfahren, dass man dort über die aktuellen Pläne nicht informiert war. Ist das Projekt etwa Chefsache? Sollte die richtige Interpretation etwa sein, dass der OB als Meister nur für das Wohlergehen des "Oberbürgers" zuständig ist und er im Zeitungsbericht auch noch gleich Zeitdruck erzeugt? Der einzig vernünftige Grund, diese Werkstatt mitten in den Ortskern von Vaihingen zu bauen, kann aus meiner Sicht nur sein, das Oberbürger-Hotel auf dem Nordareal auszulasten. Es deutet einiges auf diese Interpretation des Begriffs.

Seit dem Baubeginn am kleinen Schloßplatz und dem öffentlich zelebrierten Abrissbeginn auf dem Schwabenbräu-Nordareal sehe ich auch die Möglichkeit, dass der Begriff bisher irrtümlich falsch geschrieben wurde. Herr Schuster müsste eigentlich den Titel "Oberbaggermeister" tragen. Das kann er offensichtlich ganz gut. Und es ist auch von Vorteil für ihn, dass er nicht in der freien Wirtschaft angestellt ist. Dort gibt es nämlich das Instrument der analytischen Arbeitsplatzbewertung. Auch ein derart begabter Baggerfahrer könnte vermutlich nie die Bezüge von Herrn Schuster erreichen. Fazit: Bezogen auf das Häussler-Projekt vertritt er nicht die Mehrheit der Bürger, sondern den Oberbürger. Als Baggerfahrer ist er zu teuer. Gehaltsabschläge erhoffe ich mir zwar (auch zum Wohle der Mehrheit der Bürger), ich erwarte aber nicht so viel Konsequenz. Schlecht für Vaihingen und Stuttgart, gut für den Oberbürger.

Da fällt mir ein, was meine Eltern mir als Kind ( damals noch etwas abstrakt) vermittelt haben: Geld regiert die Welt. Jetzt ganz konkret.

 

 

DGB Baden-Württemberg gegen Kriegspolitik der Regierung
Ostermarsch 2002 mit DGB

Wegen der zunehmenden Militarisierung und aktiven Kriegspolitik der Bundesregierung hat der Deutsche Gewerkschaftsbund in Baden-Württemberg seine Mitglieder aufgerufen, sich an den Ostermärschen der Friedensbewegung zu beteiligen. Der zentrale Ostermarsch beginnt am Ostersamstag vor dem US-Kriegshauptquartier EUCOM in Vaihingen.

In einem einstimmig gefaßten Beschluß hat die Landeskonferenz des DGB ihre Mitglieder zur Teilnahme an den Friedensdemonstrationen an Ostern aufgerufen. Zur Begründung heißt es in der Erklärung: „Die Gewerkschaftsbewegung setzt sich dafür ein, daß die Menschenrechte universelle Geltung gewinnen. Soziale, ökonomische und ökologische Konflikte müssen auf zivilem Wege ohne militärische Gewalt gelöst werden.
Mit Sorge sehen wir deshalb die Ankündigung der US-Regierung einen weiteren Krieg gegen den Irak zu führen. Im Zuge des sogenannten „Krieges gegen den Terror" sind in der Region auch bereits Einheiten der Bundeswehr präsent: Am Horn von Afrika, in Dschibuti und in Kuweit. Wir bekräftigen unsere Überzeugung, dass Terror weder mit Krieg verhindert werden kann, noch durch Krieg vergolten werden darf."
„Wir erwarten, dass sich die Bundeswehr an keiner Kriegshandlung beteiligt, die nicht vom alleinigen grundgesetzlichen Auftrag, nämlich zur Verteidigung abgedeckt wird.
Zur Umsetzung einer Friedenspolitik bedarf es keiner weiteren Rüstungsmaßnahmen: Wir sehen keinerlei Notwendigkeit für eine militärische Präsenz der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebietes und zur Beteiligung an Kriegseinsätzen in aller Welt.
Deshalb lehnen wir auch die Beschaffung eines Langstrecken-Militärtransporters wie sie mit dem Airbus A 400 M geplant ist, ab. Die Milliarden, die dieses Projekt verschlingen soll, sehen wir vor dem Hintergrund der derzeitigen sozialen Probleme im eigenen Land besser und zukunftsträchtiger in den Bereichen Arbeitsplätze, Bildung und Sozial- und Gesundheitssysteme angelegt.
Krieg löst keine Probleme.
Nur wenn Elend und Armut bekämpft werden, eine gerechte Weltwirtschaft an die Stelle von Ausbeutung und Ausplünderung tritt, wenn soziale Gerechtigkeit im Innern wie außen zum Maßstab der Politik wird, kann Frieden dauerhaft wachsen. Auf dem Weg zum Frieden sind Abrüstung und soziale Gerechtigkeit die wichtigsten Schritte."

 

 

Engelszunge

In kleiner Redaktionsrunde tauchte vor einiger Zeit die Frage auf
Was wäre schlechter in Vaihingen, wenn es keinen Bezirksvorsteher gäbe ?

Nachdem uns bis heute nichts eingefallen ist, geben wir die Frage an unsere Leserinnen und Leser weiter und stellen für jede ernst gemeinte Antwort einen Buchpreis in Aussicht.

Ohne Kosten immer auf dem Laufenden www.vorort-vaihingen.de und
VorOrt-Infodienst per Email
Weit über Vaihingen hinaus gut angekommen ist der seit einigen Monaten von VorOrt angebotene kostenlose Informationsdienst per E-Mail. Abonnenten finden regelmäßig Nachrichten und Hintergrundinformationen in ihrer Mail, die von den Massenmedien gerne unterschlagen werden.

Wer auch gerne dabei sein will: Einfach eine kurze Mail an vorort@tesionmail.de schicken mit der Bitte um Aufnahme in den Verteiler.

 

 

VorOrt-Serie: Die Verbesserungen im neuen Mietrecht
Für Mieter etwas besser

Der von der Justizministerin Anfang letzten Jahres vorgelegte Entwurf für eine Mietrechtsnovelle lies für die Rechte der Mieter eher Schlimmes befürchten. Dass das Gesetz jetzt doch einige Verbesserungen bringt, ist vor allem der Einflußnahme des deutschen Mieterbundes zu danken.
VorOrt stellt die wichtigsten Änderungen vor. Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten des Stuttgarter Mietervereins:
www.mieterverein-stuttgart.de
Bei Heiz- und Nebenkostenabrechnungen gibt es künftig schneller Klarheit.
Spätestens 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums muss der Vermieter die Abrechnung vorlegen. Diese Verpflichtung kann auch nicht durch den Mietvertrag ausgeschlossen oder abgeändert werden. Nach Ablauf der Frist kann der Vermieter keine Nachforderungen mehr stellen, bzw. der Mieter muß sie dann nicht mehr bezahlen. Es sei denn, die Verspätung ist nicht vom Vermieter zu vertreten.

Gleiches gilt aber auch für Mieter. Auch sie müssen ihre Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb von 12 Monaten nach Zugang der Abrechnung dem Vermieter mitteilen.

Erstmals wird im Gesetz der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit für Betriebskosten festgeschrieben. Der Vermieter muss sich bei der Verwaltung seines Eigentums, zum Beispiel bei der Einstellung eines Hausmeisters oder bei Abschluss einer Versicherung, "wirtschaftlich vernünftig" verhalten.

Yoshigasaki Sensei kommt ins Aikido-Zentrum
Aikido-Seminar in Vaihingen
Vom 19. – 21 . 04 veranstaltet das Kidojo Vaihingen ein internationales Aikidoseminar, das mit Yoshigasaki Sensei, 9. Dan von einem weltweit anerkannten Aikido-Meister geleitet wird.

Yoshigasaki ist wichtigster Schüler von Tohei, der das Aikido in den USA verbreitete. Er hält Seminare auch in Osteuropa, Südafrika, und Lateinamerika. Innerhalb 20  Jahren baute er eine eigene Organisation mit Hauptsitz in Brüssel in ca. 20 Ländern in Europa auf. Er ist äußerst wortbeflissen und bereit, in seinen umfangreichen Erklärungen über die Geschichte Japans, des Aikido und Ju- Jutsu kompetent Auskunft zu geben. So gesehen sind seine Seminare auch für nicht kampfkunstinteressierte Menschen eine gute  politisch/ kulturelle Informationsmöglichkeit.
Aikido als künstlerische/ politische/philosophische  Bereicherung zu sehen- neben allzu vielen konsumterroristischen Freizeitvergewaltigungen –, ist eine Perspektive des Kidojo in Vaihingen.
Das Kidojo hat ein umfangreiches Programm für Kinder und Jugendliche zum Thema Selbstverteidigung, Sport und Spiel aufgebaut und hofft, nicht bald dem Bürowahnsinn zum Opfer zu fallen und- obwohl denkmalgeschützt -, abgerissen zu werden.
Eine Einführung mit Yoshigasaki Sensei findet am 19.4. von 19- 21.30 Uhr im Aikido-Zentrum Ecke Industrie-/Ruppmannstr. statt.

Kurse
mit Kindern und Jugendlichen finden regelmäßig statt.
Zuschauer sind  willkommen.

So lassen Vaihinger sich nicht übers Ohr hauen
Ihre Unterschrift für die Einhaltung städtischer Zusagen

Entlang der Hauptstraße Dienstleistungsgewerbe, ansonsten „überwiegend Wohnungsbau" (BM Hahn), und im Süden ein durchgehender Grüngürtel, so sollte nach Meinung der Stadt und der Vaihinger Bürger/innen das Fruchtsaftareal bebaut werden. Und selbst Rudi Häussler versprach im letzten Jahr als Ausgleich für die massierte Gewerbeansiedlung auf dem Nordgelände immerhin noch eine „Drittellösung" (Gewerbe im Norden, Wohnungen in der Mittte und Grün im Süden) sowie eine direkte Wegeverbindungen von der Vollmoellerstr. zum Nordareal. Was jetzt (Plan rechts) geschehen soll - ein abgeschlossenes internationales Schulungszentrum von Daimler-Chrysler auf über der Hälfte der Fläche – bedeutet den Bruch aller Zusagen und das Ende jeder Hoffnung auf eine lebenswerte Vaihinger Ortsmitte. Das darf nicht sein.

Links: Städtischer Rahmenplan    Mitte: Häussler Zusage 2001     Rechts: Häussler-Plan 2002
schwarz: Gewerbe
weiß: Wohnen

VorOrt sammelt Unterschriften:

Ich bin für die Umsetzung des städtischen Rahmenplans und gegen die ortskernzerstörende Ansiedlung eines Internationalen "Global Training Center" der Fa. Daimler-Chrysler

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