VorOrt Nr.22, September 2002
(Auflage 12 500)

Zeitung für das andere Vaihingen

 

Wahlen zum Deutschen Bundestag

Keine Wahl

Ein Lehrstück in Sachen politischer Unterschiede der jetzt wieder zur Wahl stehenden Parteien und der „kleineren Übel" erhielt die interessierte Vaihinger Öffentlichkeit kürzlich bei der Beratung und Entscheidung über die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Fruchtsaftgelände in der Ortsmitte.

Unter dem Applaus der zahlreichen Vaihinger Zuhörerinnen und Zuhörer erklärten die Sprecher von SPD und Grünen im Bezirksbeirat, was der SPD-Ortsverband in einer Wahlkampfzeitung bereits allen Haushalten mitgeteilt hatte: Die allein zwischen dem Oberbürgermeister und Immobilienkonzernherrn Häussler ausgemauschelten Pläne für das Fruchtsaftgelände widersprächen allem, was bisher für eine Neugestaltung der Ortsmitte parteiübergreifend für sinnvoll erachtet worden sei, sprächen selbst minimalen ökologischen und städtebaulichen Gesichtspunkten Hohn und seien insgesamt „eine Katastrophe für Vaihingen", die niemals zur Grundlage eines Bebauungsplans gemacht werden dürften. CDU, FDP und Freie Wähler hatten zwar keine Begründung, begrüßten die Pläne aber dennoch. Was den Sprecher der SPD zu dem an das darüber empörte Publikum gerichteten Appell veranlasste, man solle sich im Hinblick auf die kommende Wahl genau merken, wer hier welche Interessen vertrete.
Das war vor Ort und großem Vaihinger Publikum. Eine Woche später beschloss der Gemeinderat einstimmig, mit den Stimmen von SPD und Grünen genau diesen Bebauungsplan.
Wie im Kleinen, so im Großen. Vier Jahre lang hat die sog. rot-grüne Regierung jetzt Politik auf Weisung und im Interesse der Konzerne und Banken und zum Nachteil der Arbeitnehmer, kleineren Gewerbetreibenden und der Umwelt gemacht, genau wie die schwarz-gelbe 16 Jahre lang zuvor. Entsprechend der ökonomischen Notwendigkeiten zum Teil gar noch schlimmer. Jetzt vor den Wahlen reden sie alle wieder von Ökologie, sozialer Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden. Nach der Beteiligung an zwei mörderischen Angriffskriegen, die entgegen den erlogenen Begründungen allein die Ausweitung der Einflußsphären der großen Kapitalgesellschaften zum Ziel hatten. Nach einer von ihnen immer noch ökologisch genannten Steuerreform, die in der Realität nichts mit Ökologie und Energiesparen zu tun hat, aber viel mit der Senkung der Kosten von großen Unternehmen und der Belastung von Rentnern und Nicht Erwerbstätigen.
Dem „Ausstieg aus der Atomindustrie", der in Wahrheit die Bestandsgarantie für den Betrieb der Atommeiler und die Verschiebung des Strahlenmülls über die bisherigen Laufzeiten hinaus bedeutet. Die Atomlobby weiß gut, warum sie Stoiber davor warnte, das „Ausstiegsgesetz" rückgängig machen zu wollen.
Und kurz vor Schluß noch die Hartz-Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit, die in ihrem Kern nichts anderes sind als die alten Programme der CDU, Arbeitslosen das über Jahre selbst eingezahlte Arbeitslosengeld zu streichen, wenn sie nicht bereit sind für Billiglohn und überall zu arbeiten.
Und dafür, dass sie nun vier Jahre lang Sozialabbau betrieben haben, alle Versprechen hinsichtlich einer ökologisch verantwortlicheren Politik auf den kleinsten Wink der Konzerne hin in ihr Gegenteil verkehrten, etwa statt der Umschichtung des Verkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel das größte Straßenbauprogramm der letzten 30 Jahre auf den Weg brachten, dafür sollen wir sie jetzt durch eine Wiederwahl belohnen mit dem einzigen Grund, dass die anderen auch nicht besser seien? Lieber sollen sie alle den Weg Scharpings gehen.

 


Engelszunge

Tagesbefehl an das Volk für den 22. September 2002

Stimme abgeben
und Maul halten


Der Minister für Demokratie und Ruhe im Land


Wählt Häussler !
von Gerhard Wick

Peter K. aus Vaihingen hat in der Schule aufgepasst und gelernt: Bürgerliche Demokratie ist, wenn man alle vier oder fünf Jahre zwischen verschiedenen Parteien und Personen wählen kann. Und das hat er auch gemacht, viele Jahre lang. Mal in der Hoffnung, dass eine ganz neue Politik kommen werde, später eher halt das „kleinere Übel".
In den vergangenen vier Jahren hat er mit Hilfe der rot-grünen Regierung und gewissen Vorgängen in Vaihingen wieder gelernt: Bürgerliche Demokratie ist, wenn man alle vier oder fünf Jahre zwischen verschiedenen Parteien und Personen wählen kann, die dann allesamt im Auftrag und Interesse der Deutschen Bank, Daimler, Häussler und anderen, die man nicht wählen kann, Politik machen.
Peter K. findet jetzt, dass es ehrlicher und kostensparend wäre, gleich die Auftraggeber zu wählen, die dann ihre politischen Angestellten auch selbst bezahlen müssen.
Wer in Vaihingen die Häussler-Bauten will, soll Häussler wählen können und sich den Umweg über CDU, SPD, Grüne, FDP usw. sparen.

Und wer das nicht will, der hat sowieso keine Wahl.


Lernprozess

(Taz vom 27.7.2002)
Zu Beginn der Legislaturperiode hatten nur 14 Prozent der Befragten angenommen, die Reichen würden von den Maßnahmen der Bundesregierung profitieren – inzwischen sind es 38 Prozent.
33 Prozent hatten erwartet, es werde den Armen besser gehen. Das meinen heute nur noch 6 Prozent.
43 Prozent finden, die Unternehmer konnten Nutzen aus den rot-grünen Reformen ziehen. Erwartet hatten das nur 19 Prozent.
Hinsichtlich der Arbeitnehmer ist das Verhältnis genau umgekehrt: 42 Prozent hatten 1998 Hoffnungen mit dem Machtwechsel verknüpft, nur noch 12 Prozent sehen sich darin bestätigt.


Bebauungsplan Fruchtsaft-Areal (Daimler-Zentrum)
Bürgeranhörung als Farce

Bei der sogenannten "frühzeitigen Bürgerbeteiligung" an der Aufstellung des Bebauungsplans für das Fruchtsaftgelände in Vaihingen hat der Sprecher des Initiativkreises Schwabenbräuareal (ISA) erklärt, dass die von der Stadt Stuttgart durchgeführte Anhörung der Bürgerinnen und Bürger nur noch als Farce betrachtet werden könne, an der sich der ISA nicht weiter beteiligen wolle.

Das wäre aber nicht mehr nötig gewesen. Die Stadtverwaltung hatte bereits selbst unmissverständlich demonstriert, dass ihr die Einwendungen und Anregungen der Bürger scheißegal sind.

Bereits vor Monaten hatten der Oberbürgermeister und Rudi Häussler der Presse fertig ausgearbeitete Pläne präsentiert, wie das Gebiet bebaut wird. Lange bevor sich im zuständigen Stadtplanungsamt irgend jemand mit dem Entwurf für einen Bebauungsplan beschäftigt hatte oder gar der Gemeinderat gefragt worden wäre.
Und nicht erst bei der Bezirksbeiratssitzung am 9.7. 2002 hatten die zahlreich anwesenden Vaihinger Bürgerinnen und Bürger deutlich gemacht, dass sie ganz und gar nicht einverstanden sind mit diesen Plänen, nach denen ein internationales Schulungszentrum der Fa. "Daimler-Crimeler" (Versprecher(?) Stadtplanungsamt) alles erdrückt, was zum Nutzen Vaihingens möglich gewesen wäre und die von Bezirksbeiräten als "Katastrophe für Vaihingen" bezeichnet wurden. Der Gemeinderat votierte eine Woche später dennoch einstimmig (!) für diesen Plan.

Damit man nun auch noch eine Baugenehmigung erteilen kann, bevor der Bebauungsplan endgültig beschlossen ist, musste die "frühzeitige Bürgerbeteiligung" stattfinden. Und wie wichtig man die nimmt hätte schöner nicht demonstriert werden können: Auf den letzten Tag vor den Sommerferien terminiert, Ankündigung im Amtsblatt eine knappe Woche vorher, der Bezirksvorsteher ist schon im Urlaub, die Presse (außer VorOrt) fehlt.
Vor diesem Hintergrund und nach den Erfahrungen mit den allesamt nicht berücksichtigten Anregungen der Bürgerinnen und Bürger zum Bebauungsplan für das Brauereigelände, erklärte der Sprecher des ISA, dass dieser  nicht weiter an solchen Märchenstunden und Scheinbeteiligungen teilnehmen werde und kündigte "andere Wege" an, um die Interessen der Bewohner Vaihingens zur Geltung zu bringen.
Er wollte aber persönlich doch eine Anregung vorbringen, nämlich die, den städtischen Rahmenplan für das Fruchtsaftgelände zur Grundlage des Bebauungsplans zu machen. Und weil dieser Rahmenplan trotz seines stadtplanerisch vernünftigen Inhalts vom Tisch gekommen sei, allein weil ein Investor mit großer finanzieller Potenz es anders wollte, werde er nun auch statt einer Begründung oder als Begründung im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten einen Geldschein beilegen.
Seinem Beispiel folgten etliche andere Anwesende und legten für dieselbe Anregung noch einige Euro drauf.
"Wir dürfen kein Geld annehmen" riefen Bezirksverwaltung und Planungsamt ganz aufgeregt. Die Einsprechenden aber verließen den Theaterraum umgehend und warfen im Hinausgehen noch ein paar Hände voll Münzen für die Stadträte in den Saal.
Dem Vernehmen nach soll nun der Verwaltungsbürgermeister darüber entscheiden, was mit dem Geld zu tun sei.


Einwendungen können bis 19. Oktober vorgebracht werden
Stuttgart 21 - Planauslegung

Die Initiative Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21 weist darauf hin, dass die Planauslegung zum ersten Planfeststellungsabschnitt des Wahnsinns-Projekts Stuttgart 21 vom 9.9. bis 5. 10. 2001 beim Stadtplanungsamt erfolgt. Einwendungen können bis 19. Oktober von Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern vorgebracht werden.

Nach Ansicht der Initiative Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21 kann die Planung des Milliarden-Lochs Stuttgart 21 nur in dieser Phase, nämlich in der sogenannten Vorhabensbegründung, erfolgreich angegriffen werden.

Die Initiative ruft daher alle Stuttgarter, die das unsinnige Projekt ablehnen, auf, Einwendung gegen die Pläne vorzubringen. Auf den Internet-Seiten der Stuttgart 21–Gegner kann hierzu eine Mustereinwendung, die vom Einzelnen beliebig ergänzt und variiert werden kann, heruntergeladen werden.
(www.leben-in-stuttgart.de).
Darüber hinaus sollen Postkarten mit Einwendungen verteilt werden. Wichtig für alle, die ihren Teil dazu beitragen wollen, das Projekt zu Fall zu bringen: In möglichen späteren Klageverfahren kann nur angeführt werden, was bei der Planauslegung bereits eingewendet wurde.
Und noch etwas ist für eine erfolgreiche Verhinderung der Stuttgart 21-Pläne, die von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt, aber von einer großen Gemeinderatsmehrheit nach wie vor verfolgt werden, wichtig: Die Verfahren kosten Geld. Für die Planauslegung, die im Frühjahr 2003 erfolgende Erörterung und mögliche Klagen gegen die Planfeststellung werden jeweils ca. 10 000 € benötigt.
Spenden-Konto: 2066138, LBBW, BLZ 60050101


PDS - Sozialistische Alternative ?

Daß auch die PDS zunehmend den Gang der SPD hin zum Verwalter des Kapitalismus geht, ist spätestens seit der Berliner Koalition unübersehbar. Der Grund, warum es in Baden-Württemberg trotzdem oder gerade deshalb gut sein könnte, sie zu wählen heißt Winfried Wolf, der auf Platz 1 der Landesliste steht. Er steht für die Beibehaltung oder Wiedererlangung einer klaren sozialistischen Linie. Sein Wiedereinzug in den Bundestag könnte seine Positionen in der Partei stärken oder wenigstens die in der PDS ärgern, die sich beim Kriegstreiber Bush glaubten dafür entschuldigen zu müssen, daß Wolf ihm aus dem Bundestag heraus ein Transparent mit der Aufschrift: Stop your wars, Mr. Bush and Mr. Schröder, gezeigt hatte.


Wählt Schroiber !

Jede Stimme zahlt

Titel der Zeitschrift konkret, September 2002


Der Verbund Vaihinger Fachgeschäfte richtet für Häussler ein „Bürgerfest" aus
Nur die dümmsten Kälber
feiern ihren Schlächter selber

Zur Grundsteinlegung für die Schwaben-Galerie hat der Verbund Vaihinger Fachgeschäfte für Rudi Häussler ein Fest organisiert. Die schöne Feier könnte sich allerdings bald als vorgezogenes Schlachtfest vieler Existenzen eben dieser Kleingewerbetreibenden erweisen.

Die immer noch meinen, die Einkaufstempel der Schwaben-Galerie würden auch den bestehenden Einzelhandel beleben, könnte der Blick ins Umland eines schlechteren belehren. Wie kürzlich die Calwer Kreiszeitung zu berichten wußte, mußten dort allein in diesem Jahr 14 Einzelhandelsgeschäfte ihre Tore schließen, nachdem am Ortseingang ein Kaufland eröffnet hatte, dessen Bau einst genau mit der Begründung einer zu erwartenden Belebung der Geschäfte im Ortskern durchgesetzt worden war.
Vielleicht versprechen sich aber ja auch einige Vaihinger Handeltreibende einen günstigen Umzug ins neue Zentrum, wenn sie sich bei Häussler rechtzeitig beliebt machen. Doch auch bei dem hört, wenn's ums Geld geht, die Rücksicht auf. Er investiert schon jetzt lieber hundertausende in Werbeanzeigen, als dass er den durch den Dreck und Lärm seiner Baustelle gesundheitlich und teils existenziell ruinierten Anwohnerinnen und Anwohnern wenigstens ein Mindestmaß an finanziellem Ausgleich für die erlittenen Torturen zukommen lassen würde.
Aber es ist ja sein Vaihingen und wem's nicht passt, der kann ja gehen.


Ganz schön was erreicht

(Le Monde diplomatique, 9.8.2002)
Zehn Jahre nach der Verabschiedung der Agenda 21 (Umweltgipfel von Rio) hat sich die Lage in vielen Bereichen nicht verbessert..., die Einkommensunterschiede haben ein seit der Zeit der Pharaonen nicht mehr bekanntes Maß erreicht. Das Vermögen der drei reichsten Personen der Welt übersteigt im Wert den Besitz der gesamten Bevölkerung der 48 ärmsten Länder. Die Verschmutzung der Biosphäre durch die reichsten Länder hat weiter zugenommen. Die etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung, die in den 30 höchstentwickelten Ländern leben, produzieren und verbrauchen 85% der synthetischen Chemieerzeugnisse, 80% der nicht erneuerbaren Energien und 40% des weltweit verfügbaren Süßwassers, während sie pro Kopf zehnmal soviel Treibhausgase in die Atmosphäre pusten wie die Menschen in den Entwicklungsländern. Mehr als 1 Milliarde Menschen haben nach wie vor keinen Zugang zu Trinkwasser. Die Hälfte der Menschen muß mit schlechtem Wasser auskommen. Verschmutztes Wasser kostet täglich 30 000 Menschen das Leben.


Kriegsverbrecher-Prozess gegen Milosevic: von Flop zu Flop
Zu Protokoll

Man hört nur noch wenig über den einst groß aufgemachten Prozess gegen Slobodan Milosevic in Den Haag. Das kann daran liegen, dass dort die NATO-Begründungen für den Überfall auf Jugoslawien immer lauter zerplatzen. Wie zuletzt als die Anklage mit dem 2001 verhafteten und seither wohl präparierten Zeugen Markovic, ehemals Chef der jugoslawischen Staatssicherheit, den entscheidenden Schlag gegen Milosevic führen wollte. Milosevic befragte den Zeugen zu dessen dem Gericht schriftlich vorliegender  Aussage, Milosevic habe die Vertreibung von Albanern aus dem Kosovo  angeordnet.

Milosevic: ... Du hast unzählige Berichte, die von Angehörigen aller Ebenen der Staatssicherheit angefertigt wurden, gelesen. Ist es so ?

Markovic: So ist es.

Milosevic: Bekamst du irgendeinen Bericht oder irgendwann den Befehl, die Albaner mittels Gewaltanwendung aus dem Kosovo zu vertreiben ?

Markovic: Nein, so einen Bericht habe ich weder bekommen noch darüber etwas gehört...

Milosevic: Hast du irgendwelche Informationen bekommen, die auf die Existenz so eines Befehls, eines Plans, einer Anordnung hinweisen könnten, oder daß irgendwie suggeriert wurde, die Albaner gewaltsam zu vertreiben?

Markovic: Nein, ich habe niemals so eine Information bekommen, es gab keine Andeutungen, ich kenne keinen Plan, die Albaner zu vertreiben.

Milosevic: Du hast an Sitzungen teilgenommen, und zwar nicht nur auf der Ebene des Innenministeriums und anderer Ministerien und der Armee, sondern auch an Sitzungen bei mir. Erinnerst du dich, dass auf diesen Sitzungen gerade das Gegenteil angeordnet wurde, nämlich der Schutz der Zivilisten während unserer Aktionen gegen die Terroristen ?

Markovic: Natürlich. Verpflichtend war nicht nur der Schutz der serbischen, sondern auch der albanischen Bevölkerung. Die ...Sonderpolizei hatte die Aufgabe, die einen wie die anderen zu schützen.

Milosevic: Hast du irgendwann einmal gehört, dass irgend jemand bei der Polizei oder dem Militär die Vertreibung oder nationalistische Diskriminierung von Zivilisten befohlen, angestiftet, geplant oder nahegelegt hat?

Markovic: Nein, so etwas habe ich niemals gehört.

Milosevic: Lag dir im hier behandelten Zeitraum irgendein Bericht darüber vor, dass Angehörige der Staatssicherheit oder der Sicherheitsorgane irgendwelche Kriegsverbrechen im Rahmen eines Plans begangen haben, den die Staatssicherheit, die Polizei oder die Sicherheitsorgane konzipiert hatten ?

Markovic: Nein. Kein Verbrechen. Ich bekam keinerlei Informationen über solche Kriegsverbrechen. Im Kosovo haben einzelne Militär- und Polizeiangehörige Straftaten verübt. Die uns bekannt gewordenen Vorfälle wurden gemäß der Vorschriften geahndet und vor Gericht gestellt. (...)

Milosevic: Kannst du dich an die Sonderbefehle des Oberkommandos erinnern, in denen Brandschatzungen albanischer Häuser und Entwendung des persönlichen Eigentums von Albanern verboten wird ?

Markovic: Das wurde mehrfach befohlen, und auf das Verbot der Brandschatzung und der Plünderung haben Sie, Vertreter des Innenministeriums und Vertreter des Militärs insistiert ...

Milosevic: Hier steht, was du gegenüber den Untersuchungskommissionen der (jugoslawischen) Bundesregierung ausgesagt hast: „Sie verlangten von mir, Slobodan Milosevic zu belasten, und sie verlangten, dass ich Straftaten zugebe und dazu aussage, sie seien mir von Milosevic befohlen worden." Ist das so ?

Markovic: Ja, so ist es. Mir ist gesagt worden, dass ich persönlich in diesem Falle nicht zur Rechenschaft gezogen werden würde, sondern, dass ich frei in ein Land meiner Wahl ausreisen könnte und eine neue Identität bekäme ... Sie sprachen über meine schwere Lage und machten mich auf alle möglichen weiteren Konsequenzen aufmerksam. Dann boten sie mir als Alternative an, Milosevic als Auftraggeber der Verbrechen zu beschuldigen, dadurch werde meine Verantwortung getiltgt.