VorOrt
Nr.24, April 2003 Zeitung für das andere Vaihingen
Von wegen keine deutsche Beteiligung am Irak-Krieg Im April 1998 erschien die Nullnummer von VorOrt. Als Zeitung gegen den Krieg – den ersten Angriffskrieg mit aktiver deutscher Beteiligung seit dem Ende der Naziherrschaft. Geführt von einer Koalitionsregierung, deren Parteien auch mit dem „Nie wieder Krieg" der Friedensbewegung Wähler rekrutiert hatten. Damit der Betrug nicht offensichtlich wurde, mußte der Angriffskrieg zur „friedensschaffenden Maßnahme" umgelogen werden und nahezu die gesamte Medienlandschaft log mit, daß sich der Balkan bog. Dem wollte VorOrt wenigstens in Vaihingen etwas entgegensetzen. Bei Erscheinen der vorliegenden 25. Ausgabe, ist wieder ein barbarischer
Angriffskrieg im Gange. Dieses Mal steht dieselbe Bundesregierung auf der
Seite der Kriegsgegner und Sozialdemokraten und Grüne dürfen sich
wieder an Friedensdemonstrationen beteiligen. Während der Bundeskanzler und sein Außenhandelsminister jetzt im Falle des Irak das Lied von den friedlichen Lösungen vor sich hinsummen, darf gleichzeitig ihr Kriegsminister den Abbau von Bundeswehrstandorten in Deutschland mit der Begründung verkünden, die Hauptstandorte der deutschen Wehrmacht seien künftig wieder überall in der Welt. Tatsächlich sind bereits heute ständig 12 000 deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen unterwegs. Getreu dem seit der Wiedervereinigung geltenden „Verteidigungs"auftrag: „Sicherung des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt." Dass es bei dem verbrecherischen Angriff der US-Regierungsmarionetten auf das irakische Volk nicht um Demokratie, Terrorismusbekämpfung oder gar die Befreiung von Völkern vom Joch der Diktatur geht, sondern um Weltherrschaft, Marktbeherrschung und Öl weis heute jedes Kind (außer vielleicht Frau Merkel und ihr kleiner Merz). Wenigeren bekannt ist wohl allerdings, dass es beim Eintreten für nichtmilitärische Lösungen der deutschen und anderer europäischer Regierungen um genau dasselbe geht. Nicht die wieder entdeckte Friedensliebe von Sozialdemokraten und Grünen hält sie vom militärischen Mitmachen ab, sondern der Umstand, dass sie durch ihr Engagement in Afghanistan, dem Balkan, in Afrika und anderswo nicht mehr genügend militärische Kapazitäten haben um sich so am Krieg in der arabischen Welt beteiligen zu können, dass sie auch bei der anschließenden Verteilung der Beute entsprechend mit zu reden hätten. Im Konkurrenzkampf der großen Konzerne der USA und Europas um die Märkte der arabischen Länder muß deren deutsche Vertretung angesichts ihres militärischen Potentials gegen einen US-geführten Krieg sein, dessen Ergebnis ihre derzeitige Position als wichtiger Handelspartner der arabischen Welt, einschließlich des Irak nur schwächen kann. Es kommen von der Bundesregierung ja auch keine Taten, bloß Worte gegen den Krieg. Praktisch ist sie längst – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – am Krieg beteiligt. Awacs-Aufklärer mit deutscher Besatzung markieren die Angriffsziele, in Kuweit stehen deutsche Einheiten mit ihren Spürpanzern bereit, der US-Nachschub läuft über deutsche Stützpunkte und Flughäfen, 7000 Soldaten der Bundeswehr bewachen US-Militäreinrichtungen, damit 7000 mehr US-Kampfmaschinen in den Irak können, und die Pläne und Einsatzbefehle kommen wieder einmal aus Vaihingen. Dagegen könnten sie wegen bestehender Verträge und Bündnisverpflichtungen nichts machen, erklären Schröder und Fischer. Das ist natürlich Quatsch: Kein Vertrag und keine Bündnisvereinbarung verlangt die Mithilfe bei einem völkerrechtswidrigen Krieg.
Blockade des Kriegshauptquartiers EUCOM am 8.3.2003 Samstag, 22.3. - DEMO ab Vaihinger Bahnhof 11:30 Uhr und
Hier Hier steht die Demokratie im Geschichtsbuch
Die Zerstörung des Ortskerns kommt jetzt zügig voran Nach den anfänglichen Pannen und Verzögerungen kommen die Abbruch- und Bauarbeiten auf dem Brauerei- und Fruchtsaft-Gelände in der Vaihinger Ortsmitte inzwischen rasch voran. Besonders beim Moloch Daimler-Schulungszentrum. Vaihingen bekommt nun wohl doch in absehbarer Zeit und endgültig, was es nie wollte. Jetzt wo die Gelände im Kern Vaihingens abgeräumt sind wird manchem Passanten erst richtig deutlich, welche Möglichkeiten zur Gestaltung einer lebenswerten Ortsmitte sich hier tatsächlich geboten hätten und von der konzertierten Beton-Glas-Profit-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat vertan wurden. Statt des bereits planerisch entwickelten aufgelockerten durchgrünten Ortskerns mit angenehmer Mischung aus Wohnflächen, öffentlichen Plätzen, die bestehenden ergänzenden Einkaufsmöglichkeiten, Kultur- und Freizeiteinrichtungen nun in äußerst verdichteter Bauweise Beton- und Glasgroßbauten für Daimler-Chrysler, Hotel und Handelsketten, die den bestehenden Einzelhandel erdrücken werden. Mit insgesamt weniger Grün als bisher sogar auf den alten Fabrikgeländen vorhanden war. Lange und nachdrücklich haben die Einwohner Vaihingens gegen die immer noch schlimmeren Bauabsichten des Häussler-Konzerns protestiert und von den Gemeinderäten wenigstens eine gerechte Abwägung zwischen den Profitinteressen der Häussler-Gruppe und den Lebensinteressen der Bevölkerung gefordert. Offensichtlich nicht lange und vor allem nicht nachdrücklich genug. Nicht nur CDU und FDP, auch Sozialdemokraten und Grüne beschlossen ausschließlich das, was R. Häussler verlangte. Dass der „Kampf" der Vaihinger um eine lebenswerte Ortsmitte so gründlich verloren wurde, mag nicht zuletzt daran liegen, dass zu viele immer noch dem Aberglauben anhängen, gute Argumente allein könnten die Entscheidungen der politisch Verantwortlichen beeinflussen. Doch die guten Ideen, wenn sie den Absichten der ökonomisch Mächtigen zuwider laufen, finden noch nicht einmal über die Presse an die Öffentlichkeit, weil – wie hier – die Redakteure angewiesen wurden, nichts Häussler-kritisches mehr zu berichten. Mit Argumenten, Unterschriftensammlungen und Petitionen ist gegen das Geld und den Einfluss eines Rudi Häussler wohl kaum etwas auszurichten. Viel mehr aber hat man in Vaihingen leider nicht zu Wege gebracht.
In Solidarität mit den Reichen Ein Betrüger, der es schafft mit derselben Masche ein und dieselbe Person immer wieder aufs neue zu leimen, bekommt in der Regel im Falle einer Anklage mildernde Umstände, weil die Betrogenen es ihm so leicht machten, schreibt Sahra Wagenknecht in der „jungen Welt" und meint aktuell damit einen gewissen G. Schröder und seine unbelehrbaren Wähler/innen aus dem Arbeitnehmerlager. Des Kanzlers Methode, auch noch die unverschämteste Umverteilung von unten nach oben dem sozialdemokratischen Arbeitnehmer zu verkaufen, ist so plump, dass man für die Betrogenen schon fast nicht einmal mehr Mitleid aufzubringen vermag: Man nehme ein paar traditionelle sozialdemokratische Worthülsen wie Solidarität, Zusammenstehen und Alle-müssen-Opfer-bringen, und fülle sie mit ihrem Gegenteil: Der Sozialstaat muß abgeschafft werden, wenn wir ihn erhalten wollen. Manche verstehen das. Und die Arbeitslosigkeit ist halb so schlimm, wenn sie nur den Staat weniger kostet. Um der Misere beizukommen müssen deshalb Arbeitslose, Kranke und Rentner von ihrem überzogenen Wohlstand etwas abtreten, damit endlich die notleidenden Unternehmen entlastet werden können. Als erste klatschen die Grünen Beifall. Betrug ist ihnen allerdings nicht vorzuwerfen. Im Gegensatz zu den Sozialdemokraten machen sie schon lange keinen Hehl mehr daraus, dass ihnen Sozialabbau zur Unternehmensförderung längst wichtiger ist als Umweltschutz. Wie deutlich muß die Unfähigkeit dieses Wirtschaftssystem, die Lebensbedürfnisse nicht nur einiger weniger, sondern aller Menschen zu gewährleisten, noch hervortreten bis wenigstens die Benachteiligten begreifen, was schon einmal alle wußten: Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. (Ahlener Programm der CDU, 1947).
Landtags- und Kommunalwahlen 2003 Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen, Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Die Ergebnisse werden uns von den Medien so vorgestellt, wie sie Demokratie verstehen. Zum Beispiel Nachrichten SWR1: „Bei der gestrigen Landtagswahl hat jeder zweite hessische Wahlberechtigte Roland Koch gewählt." Tatsächlich haben nur weniger als ein Drittel, nämlich 31,2% der hessischen Wahlberechtigten auf die Frage "Welches Schweindl hätten's denn gern?" ihr Kreuz bei Koch und der CDU gemacht, während mehr als 35% überhaupt keines der angebotenen haben wollten oder doch zumindest zum Ausdruck brachten, dass es ihnen jetzt grad mal egal ist, wer ihnen die nächsten 4 Jahre das Leben versaut. Auch in Niedersachsen bringen es die Nichtwähler auf stattliche 33%. Und bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein nähern sie sich mit 45,6% schon deutlich der absoluten Mehrheit. In Hessen sank die Wahlbeteiligung um 1,8%. Und von denen, die wählten, wählten 63 890 (2,3%) ungültig. Deutlich mehr als z.B. Republikaner-Stimmen. Niedersachsen verzeichnet gar einen Rückgang der Wahlbeteiligung um 6,8% auf 67%. Auf welche Mehrheiten wollen sich die aus solchen Wahlen hervorgegangen Regierungen eigentlich berufen? In Hessen regiert die CDU mit der Zustimmung von gerade mal 31 % der wahlberechtigten Bevölkerung. Während Politexperten und Superdemokraten in Medien und Parteien nach jeder Wahl wieder darüber räsonieren und allerlei Analysen anstellen, worin die jeweiligen Stimmungsumschwünge von SPD zu CDU oder umkehrt wohl begründet sein mögen, hat ein immer größerer Teil des Wahlvolkes längst verstanden, dass keine dieser Parteien seine Interessen vertritt.
Vietnam-erfahrener Tötungsspezialist übernimmt Kommando Den Krieg der USA gegen den Irak befehligt General J. L. Jones von Vaihingen aus. Im Januar übernahm er das Oberkommando über die US-Streitkräfte in Europa, Afrika und dem Nahen Osten. Zur Amtsübernahme sei ihm noch einmal ein Lied gesungen, das ihm und seinesgleichen sein Landsmann Bob Dylan bereits 1963 gesungen hat. Kommt, ihr Meister des Kriegs, Ihr, die ihr nichts als Zerstörung jemals zu Stande gebracht Ihr lügt und betrügt Ihr spannt den Abzugshahn Die schlimmste Angst habt ihr verbreitet an allen Plätzen - Wer bin ich schon Beantwortet mir eine Frage: Und ich hoff, ihr sterbt bald Ihr seid endgültig tot. (Bob Dylan, 1963) |
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